LBHR_2014

24th Annual Battle of Little Bighorn Victory Ride
20. bis 26. Juni 2014

Bericht und Fotos: Wendell W. Yellow Bull
Übersetzung: Astrid


Das ganze Jahr über haben sich die Oglala auf den Little Bighorn Memorial Cultural Horse Ride 2014 -den Little Big Horn Gedenkritt 2014- vorbereitet.
Der Countdown startete vor einem Jahr, dann waren es nur noch Monate, Wochen, und nun ist nur noch ein Tag geblieben, jetzt zählen nur noch einige Stunden. Und wie gewöhnlich sind noch nicht alle Vorbereitungen abgeschlossen. Aber gut, wir werden ans Ziel kommen, irgendwie.

Das Design des T-Shirts zu Ehren des Little Bighorn Gedenkritt ließ mir keine Ruhe, drei Wochen vor dem gesetzten Termin war es noch immer nicht fertig. „Es ist okay“, sagte ich mir immer wieder und in der letzten Minute bat ich den Künstler Keven Poor Bear um Hilfe, der dann das Design für den diesjährigen Little Bighorn Gedenkritt entwarf.

Obwohl er auch noch erkrankte, führte er den Auftrag zu Ende aus. Auch die Fördermittel für den Gedenkritt blieben aus, wie üblich, und wir geben diese Botschaft weiter an unsere Kinder – es gibt wichtigere Dinge als Geld.
Wir werden überleben und “Tunkashila” wird für uns sorgen. Hier ist unser Kriegsruf

“HOKA!”


20.06.2014
Von Pine Ridge nach Ashland, Montana
Heute, am 20. Juni 2014, beginnt der Little Bihorn Gedenkritt und wie immer erfolgt
der Start zu spät, eigentlich sollte es zwei Tage eher losgehen. Alle sind aufgeregt und wollen -jetzt sofort- auf nach Montana zum Little Bighorn Gedenkritt, so sagen die jungen Reiter.
Manch einer der Teilnehmer hatte sich gefragt, ob dieser Tag überhaupt noch einmal kommen würde – aber hier und heute ist es soweit! Unsere Familie, die Yellow Bull Ti’wahe, erreichte William “Shorty” Brewer gemeinsam mit Besuchern aus New York, die an einem kurzen Gedenkritt mit dem Namen “unity ride” nahe des UN-Gebäudes teilgenommen hatten.
Bevor wir starteten, wurde ein Gruppenfoto aufgenommen und ich rief unseren Kriegerruf

“Hoka”.

Wir stiegen in die Autos und mit den Pferdeanhängern im Schlepptau ging es auf nach Montana. Es ist immer ein besonderes Ereignis, wenn Menschen gemeinsam eine Reise unternehmen, man fühlt die Gemeinsamkeit und die gegenseitige Verantwortung, den gemeinsamen Willen, die Gefahren, die sich auf der Reise ergeben, zu bestehen.

Aus meiner Sicht begann unsere Reise ziemlich spät, aber das ist o.k., wir hatten gemeinsam entschieden, um 10 Uhr morgens zu starten. Ich hatte noch mit den Ersatzreifen für unseren Camper zu tun, den ich für Delores und ihre Dialysebehandlung benötige, um während des heißen Tages und in der Nacht die nötige Temperatur zu halten. Einmal wurde ich von einem Jugendlichen gefragt, warum ich mit dem Camper reise, ich wollte ihm nicht alles erzählen, so sagte ich, dass ich meine Lehren gezogen hätte aus kalten regnerischen und stürmischen Zeltnächten. Jetzt seid ihr jungen Reiter an der Reihe, mit dem Wetter klarzukommen. Er lachte.

Auf unserer Reise von Pine Ridge nach Rapid City gab es keine Zwischenfälle und keine Probleme. Erst hinter Rapid City gab es den ersten Halt, einer der Pferdeanhänger hatte eine Reifenpanne, aber wir konnten den Schaden mit einem Ersatzreifen beheben.
William Shorty Brewer hatte Probleme mit seinen Reifen, einer platzte sogar. Der Reifen wurde ersetzt, begann dann aber, an der Felge zu reiben, es gab jede Menge Rauch, und diejenigen, die hinter ihm fuhren, dachten zunächst, dass ihr Wagen Feuer gefangen oder Probleme mit der Elektrik hätte und wären fast Hals über Kopf aus dem Auto gesprungen.
Wie gesagt, es sind diese Momente, die die Menschen zusammenbringen, indem sie
gemeinsam Gefahren überwinden und weitergehen. Nicht aufgeben, sondern nach Lösungen suchen und die Probleme überwinden, auch angesichts beschränkter Mittel und Möglichkeiten.
Das ist es, was die jungen Reiter hier von den Älteren lernen, sie lernen, was Geduld und gute Gedanken zur Überwindung von Problemen beitragen können, und dass es nichts bringt Hals über Kopf ein Problem lösen zu wollen, um dann festzustellen, dass man seine einzig verfügbaren Mittel umsonst eingesetzt hat und nun erst recht festsitzt. Das ist es was man Erfahrung nennt.

Hoka!


21.06.2014
Ashland, Montana
Der Morgen in Ashland, Montana ist neblig, aber mit dem kleinen Sonnenstrahl, der sich seinen Weg durch den Nebel bahnt, wirkt er beruhigend auf die aufgeregten Reiter, die ihre Pferde auf den heutigen Ritt vorbereiten. Man hört das Wiehern und Rufen der Pferde, die Reiter suchen ihre Ausrüstung zusammen und satteln die Pferde.
“Es ist Aufregung in der Luft“


Die älteren Reiter holen sich eine Tasse des auf offenem Feuer gebrühten Kaffees. Die Aufgaben von uns Alten beschränken sich auf das Auf- und Abbauen des Lagers. Lustig ist: Billy Jumping Eagle ruft “Hier gibt es Kaffee”, aber es sind keine Kaffeetassen da, jeder sucht irgendein Gefäß, manche bringen Tassen aus dem Supermarkt von der letzten Tankstelle. Jeder der älteren Teilnehmer hat seine Geschichten und kann erzählen, was ihm zugestoßen ist auf dem Weg nach Ashland, Montana. So auch Billy Jumping Eagle, er hatte Probleme mit der Benzinleitung. Damals brachen sie ganz früh am Morgen auf, kamen aber zur gleichen Zeit an wie wir in diesem Jahr. Jeder sprach davon, wie es war, als er selbst noch auf seinem Pferd dabei war, manche sagten aus Spaß, nächstes Jahr würden sie wenigstens den
ersten Tag auf dem Pferd mit dabei sein, aber das hatten sie bereits im Vorjahr gesagt, und im Jahr davor.

Die Little Bighorn Gedenkreiter waren guten Mutes und freuten sich auf das Frühstück bei der Familie von Jenny Parker, der Cheyenne Großmutter, die die Oglala als „unci“, „Großmutter“ in ihre Gemeinschaft aufgenommen haben.
Wir waren auf fremdem Land, in der Heimat der Cheyenne, und wie früher wussten wir, dass wir voneinander abhängig sind und einander zu Hilfe kommen müssen. Auch das lernen die jungen Reiter, und sie sehen, dass die älteren zusammenstehen, und das ist das Wichtigste im Reiterleben.
Es ist ein guter Morgen, “Hehani Waste”, die jungen Reiter bereiten sich vor auf den Weg von Ashland nach Lame Deer, Montana. Die Reiter der Oglala satteln ihre Pferde und füllen ihre Wasservorräte auf. Manche der Reiter sind sich vor drei Wochen bereits begegnet, während des “Veteran Ride“.

Es ist Frühstückszeit, wir kommen auf den Powwow-Platz von Ashland, die Parker Familie wartet bereits. Die jungen Reiter lachen und machen Späße, während sie in der Reihe vor der Essensausgabe stehen. Früher hätten die Oglala während des Reitens gegessen, jeder seine Portion von getrocknetem Fleisch und Kirschen. Das Essen ist beendet und es wird zum Aufbruch gerufen, ich rufe: “Alle in fünf Minuten im Kreis aufstellen!” Dann erfolgt die Vorbereitung auf den weiteren Weg, ein Reiter entzündet Salbei und verteilt den Rauch auf unseren Pferden und auf uns. Dies ist für uns das Signal, Tunkashila um eine gute Reise und um Gesundheit für uns und unsere Pferde zu bitten. Einer der älteren Reiter gibt allen den Rat, wenn ihr reitet, betet für alle, die zu Hause mit Problemen kämpfen, die an ihrer Gesundheit und an der Gesellschaft leiden, die in Abhängigkeit und Armut leben.

Dies ist ein historischer Ritt, wir als Volk wollen überleben! Wir ehren diejenigen, die immer noch den Kampf vom Little Bighorn kämpfen, ihr Geist braucht unsere Unterstützung durch unseren Gedenkritt, mit dem wir das Opfer ehren, das sie mit ihrem Tode erbracht haben, damit wir leben können.

“Hoka Hey” rufen die Krieger.

Die Scouts werden angewiesen, den Ritt zu beginnen, und die Anführer werden gebeten, viermal im großen Kreis zu reiten und dann den Ritt aus dem Kreis heraus zu beginnen.

Das ist der Start des Little Bighorn Gedenkritts 2014.

“Hoka”.

Die älteren Teilnehmer haben die Aufgabe, das Lager abzubrechen und zum nächsten Lagerplatz zu fahren, dort das Lager und die Gatter für die Pferde aufzubauen. Wenn das erledigt ist, suchen wir die Reiter auf, bringen ihnen Wasser, und ich werde bereit sein mit meinen Kenntnissen und meiner Ausrüstung in erster medizinischer Hilfe. Einen Unfall hatten wir, eine junge Reiterin fiel von ihrem Shetlandpony. Es stellte sich heraus, dass sie ihren Ellenbogen gebrochen hatte. Ich stellte den Arm ruhig und sie wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde der Bruch dann festgestellt und sie erhielt eine Metallplatte, um den gebrochenen Knochen zu richten.

So versuche ich, meine Kenntnisse in Erster Hilfe und meine beschränkten Mittel und medizinische Ausrüstung einzusetzen, ich bin es gewöhnt, mit dem wenigen auszukommen, was mir zur Verfügung steht.

Schließlich erreichen wir den Powwow-Platz in Lame Deer, wir hören den Klang der Pferdehufe und die Reiter: sie singen und reden – die Anführer und die Scouts haben alle gut an den nächsten Startplatz gebracht.

Die Teilnehmer des Little Bighorn Gedenkritts stellen sich im Kreis auf, die Älteren übernehmen die Führung und beenden den Ritt für heute mit einem Dankesgebet. Dann ist es Zeit für die Reiter, ihre Pferde zu versorgen und ihre Lager zu beziehen. Es gibt Abendbrot.

Hoka!


22.06.2014
Lame Deer
Der Morgen in Lame Deer, Montana begann zeitig für die Reiter der Oglala – jemand rief “Die Pferde sind aus dem Gatter ausgebrochen!” und schlug Alarm. Ich machte mich auf, mit meinem Truck die Pferde zu suchen. Ich traf auf Shorty, er sagte die Pferde sind gefunden worden, sie waren in einen Ortsteil von Lame Deer gelaufen. Einige Pferde wurden eingefangen und die anderen vom Pferderücken aus wieder zum Lager getrieben.
Die Reiter der Oglala und der Cheyenne stellten sich im Kreis auf und sprachen die Gebete für den neuen Tag: zunächst gab es einige Worte von einem der ältesten Teilnehmer.
Er ermahnte die Reiter, sie müssten alle aufeinander achten, da der Ritt jetzt an einer Straße entlang zum nächsten Lager in Busby, Montana führen würde. Auf der Straße würden große Lastkraftwagen unterwegs sein und auch die von allen am meisten gefürchteten Touristen, die um eines Fotos willen oft ihr Leben auf der vielbefahrenen Straße in Gefahr brachten. Sie würden nicht auf die großen Trucks achten, die mit großer Last und hohem Tempo dicht hinter den Touristen fahren würden.
Ausgewählte gute Reiter („Akicita“) würden die Seite zum Highway übernehmen, sie würden die Pferde der Kinder daran hindern, auf die Straße zu gelangen. Alle müssten auf diese Reiter hören. Wir wissen, dass Ihr alle gern und auch gern schnell reitet, aber leicht verliert man die Gewalt über das Pferd, und man vergisst, dass man an einem vielbefahrenen Highway unterwegs ist. Großmutter Jenny Parker gab mir zwei Westen aus reflektierendem Stoff, damit die flankierenden Reiter auch für die Auto- und Truckfahrer gut sichtbar waren.

Wir baten einen Reiter der Cheyenne, ein Gebet für uns zum Beginn unserer Reise zum Frühstücksplatz und durch die Stadt Lame Deer zu sprechen. Meist sind es Cheyenne, die unseren Zug durch Lame Deer als Zuschauer begleiten. Die jungen Reiter freuen sich über den Zuspruch und die aufmunternden Zurufe der Cheyenne, die die Reiter mit “Le’le’Le’” anfeuern.

“Hoka” – das Gebet ist beendet, die Scouts sammeln sich, um die Führung des Zugs zu übernehmen, die Würdenträger reiten viermal im Kreis und dann geht es los in Richtung des nächsten Pausenplatzes, an dem es dann Frühstück geben wird. Hier muss erwähnt werden, dass alle Reiter der Oglala, ob jung oder alt, nach alter Regel immer hinter den Anführern mit den Adlerfedern zurückzubleiben haben.


Sollte jemand diese Regel vergessen, wird er von den Reitern des “Akicita“-Bundes daran erinnert. Die Mitglieder des traditionellen “Akicita“-Bundes sind der Heiligen Pfeife verpflichtet, auch ich bin Mitglied der “Akicita“, und auch ich erfülle den Schwur der Heiligen Pfeife “Canupa” mit meinem Leben.

Hoka!

Als wir an unserem Frühstücksplatz ankommen, treffen wir auf eine Trommlergruppe der Cheyenne, die traditionelle Lieder zu Ehren der aus dem Kampf heimkehrenden Krieger singen. Ein alter Cheyenne, Mitglied des „Elk Scrapper“–Bundes, begrüßt uns.
Das Frühstück gibt es an einem Ort, an dem der Lakota „Lone Antelope“ von den Soldaten der U.S. Armee getötet wurde. Nach ihm wurde die Gemeinde “Lame Deer” benannt.

Die Mitglieder des „Elk Scrapper“-Bundes heißen uns alljährlich auf unserem Weg mit einer Mahlzeit willkommen, zu Ehren von “Lone Antelope”, der ihnen die Kraft zum Überleben gibt, so auch in diesem Jahr.
Ein Führer des „Elk Scrapper“-Bundes sprach zu den Reitern der Oglala und der Cheyenne, er sprach von dem Kampf, der hier in ihrer Heimat stattgefunden hat, und dass sie diesen Ort weiter in Ehren halten und schützen würden. Er sagte, dass die jungen Leute, die lernen müssten, sich in der Welt des Weißen Mannes, des „Ska Wicasa“, zurechtzufinden, nicht nur mit den Weißen reden sollten, sondern auch gut aufpassen sollen. „Sie tun Dinge, die nicht gut sind für unser Volk, daher raten wir unseren Kindern, soviel wie möglich von ihnen zu lernen, aber gleichzeitig unser Verständnis für unsere Welt zu bewahren.
Es ist unsere Achtung vor der Natur und vor der Welt, die uns zu menschlichen Wesen macht.“

Das Frühstück ist vorüber, wir Reiter stellen uns auf und reichen der Familie der Elk
Scrapper die Hände, danken für die Bewirtung. Die älteren Reiter warten, sie lassen alle im Kreis aufsitzen, die Scouts reiten voraus, die Würdenträger vollführen die vier Kreise und beginnen dann den langen Ritt. Es wird acht Stunden dauern, bis wir den nächsten Lagerplatz erreichen.

Nachdem alle Reiter der Oglala und Cheyenne aufgebrochen sind, reichen auch wir älteren Teilnehmer den Gastgebern die Hand, bedanken uns und verabreden uns zu einem nächsten Treffen. Wir verteilen die T-Shirts zum Little Bighorn Gedenkritt 2014.
Wow! Es sind Cheyenne, die den Reitern der Oglala und Cheyenne, die seit vielen Jahren alljährlich durch Lame Deer reiten, ihre Unterstützung darbieten.
Jetzt kommt der Highway, nun passen alle der älteren Reiter besonders gut auf, jetzt kommen die großen Trucks und die Touristen, die „nur mal schnell ein Foto“ schießen wollen - ohne nachzudenken.

Schließlich erreichen wir das Gemeindehaus von Muddy Creek, und legen eine kurze Wasserpause ein, als der Älteste der Oglala Mel Lone Hill entscheidet, er wolle eine kurze Strecke auf einem Pferd zurücklegen. Alle schauen auf ihn, er ist aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme gar nicht in der Lage, auf ein Pferd zu steigen. Aber die stille Botschaft wird verstanden, er ist hier als ein Reiter, und er wird den Little Bighorn Gedenkritt unterstützen.

„Hoka Hey” rufen wir Krieger.
Ankunft auf dem Campingplatz, die Sonne ist im Untergehen, die Würdenträger haben das Lager erreicht, die Pferde und Reiter sammeln sich wie üblich im Kreis und sprechen ein Dankgebet für die gute Reise. Nach den Gebeten versorgen die Reiter ihre Pferde.
Es wird Abend, viele Teilnehmer nutzen die Gelegenheit, sich in der High School der
Gemeinde Busby zu waschen und zu duschen. Wir ruhen uns aus, und die Reiter sammeln sich in Gruppen, um über den Tag zu sprechen.


23.06.2014
Crow Agency:  Am Little Bighorn Battlefield
An diesem Morgen wurde “Wi”, die Sonne von den Wolken geblendet, so konnten wir Reiter auf eine Abkühlung heute zum letzten Tag des Little Bighorn Gedenkrittes hoffen.
Dieser Tag bleibt uns immer im Gedächtnis, er beendet unseren Ritt zu Ehren des Kampfes am Little Bighorn 2014.
Wir stellen uns im Kreise auf, und ein Ältester der Oglala erinnert wiederum die jungen Reiter an diejenigen unserer Altvorderen, die alles aufgeben mussten und sogar ihr Leben ließen. Durch dieses Opfer hat diese Generation das Schlachtfeld am Little Big Horn nie verlassen, und es ist unsere Aufgabe als Oglala und Cheyenne, die Erinnerung an sie wachzuhalten. Wir dürfen nie vergessen, wer wir Oglala und Cheyenne sind, wir sind es, die ein Zeichen setzen, damit wir leben können als menschliche Wesen.

Als Teilnehmer des Little Bighorn Gedenkritts müssen wir derer gedenken, die dieses Schlachtfeld nicht verlassen haben, und die uns die Chance gaben, in dieser Welt voller Probleme, die die Regierung der Vereinigten Staaten geschaffen hat, zu überleben. Wir müssen uns daran erinnern, dass wir als erste in diesem Land waren, und auch wenn wir jetzt als „Amerikaner“ gelten, werden wir nicht vergessen, dass wir die ersten Bewohner dieses Landes sind, dass wir menschliche Wesen sind mit unserer eigenen Lebensweise, und dass es nicht die materiellen Dinge sind, sondern unsere spirituelle Beziehung zu „Ina Maka“, Mutter Erde, die uns zu zivilisierten Geschöpfen machen.

Hoka Hey! - rufen wir Krieger.

Ein Gebet wird gesprochen, die Scouts sammeln sich und reiten los, die Würdenträger vollführen ihre vier Kreise und beginnen die Reise. Wir werden heute durch das Land der Crow reiten, der Verbündeten der US-Regierung.
Wir müssen immer noch auf die vorbeifahrenden Touristen und die schnellen Trucks achten, dann legen wir eine erste Wasserpause ein. Schließlich erreichen wir den letzten Haltepunkt nahe des Little Bighorn Battlefield.
Das Ende des Little Bighorn Gedenkritts 2014 rückt spürbar näher, unsere Gedanken heben sich und die Reiter der Oglala beginnen ihre Gesänge, vermischt mit Kriegsrufen, damit die Verwandten im Lande der Crow uns hören, damit sie wissen, dass wir durch ihr Land reiten. Wir sind nicht fortgegangen, wir sind die Überlebenden derer, die hier die Kavallerie der Vereinigten Staaten besiegt haben.

Wir versammeln und im Crow Park, sprechen unsere Gebete und versorgen unsere Pferde, die für einen Ruhetag nach Busby zurückgebracht werden. Wir fertigen unsere coup sticks und gehen mit unseren jungen Reitern schwimmen am Crazy Head Dam.


24.06.2014
Heute ist Ruhetag, die meisten der Reiter warten auf das Frühstück, einige sind fort, zum Duschen im Gebäude der High School von Busby, das unseren Reitern zur Verfügung steht.
Ich begreife es nicht, bei uns zuhause in der Yellow Bull Ti’wahe war es kaum möglich, Davis, Leigha und seinen Cousin zum Duschen zu überzeugen, oder auch nur dazu zu bringen, sich etwas Wasser ins Gesicht zu schütten, vom Duschen wollen wir gar nicht reden, aber hier wollen sie duschen gehen – für mich schier unbegreiflich.

Nun ist es an der Zeit für die Reiter der Oglala und Cheyenne, ihre coup sticks anzufertigen, die später auf dem Little Bighorn Battlefield überreicht werden. Die meisten coup sticks werden innerhalb der Familie weitergegeben, einige Familien besitzen sogar coup sticks aus den Anfangsjahren des Gedenkritts.
Die coup sticks stellen eine Tradition beim Little Bighorn Gedenkritt dar, unsere jungen Reiter bereiten sich darauf vor, mit ihren coup sticks die Kriegerausrüstung zu berühren, die von mir gehalten wird. Das wird am 25. Juni geschehen, dem Tag des Kampfes, dann werden sie ihre Pferde dorthin lenken, wo ich stehe.

Es wird langsam Abend, es wird Zeit, die Ehrung unserer Little Big Horn Gemeinschaft und vier ihrer Reiter zu vollziehen:
Francis Chubb Thunder Hawk, Victoria White Hawk, Northern Cheyenne Woodrow und Eric Kills Night.
Weitere Reiter wurden für die Ehrung auserwählt:
Genevieve Lone Hill, Alvin Parker, Darrell Mesteth, Marvin Goings, Steve Brewer Jr. und Stanley Brewer Jr.

Alle Reiter werden gerufen um unser aller Hunkayapi Großmutter Jenny Parker zu ehren, sie ist den Tränen nahe, als wir aufstehen und ihr die Hand drücken. Die teilnehmenden Frauen umarmen Unci Jenny Parker.

Wir entzündeten das Lagerfeuer, tanzten und sangen Lieder, gedachten dieses großen Tages, jeder von uns war guter Stimmung und schließlich wurde es Zeit, ins Bett zu gehen. Die jungen Reiter waren vor allem von dem riesigen Lagerfeuer begeistert.


25.06.2014
Es ist ein guter Tag zum Sterben!
Hoka! rufen die Krieger.

Unsere Pferde sind gesattelt und stehen bereit „Hoka!“. Es wird Zeit, einer der Ältesten erinnert uns, wir gedenken unserer Verwandten, die hier für unser Leben kämpften, und wir dürfen diejenigen nicht vergessen, die ihr Leben ließen, damit die Amerikaner sehen, dass wir nicht einfach verschwinden werden, ohne um unser Überleben und für die Zukunft der Lakota und Cheyenne zu kämpfen.

Wir bringen unsere Pferde in den Park zum Little Bighorn Battlefield, jetzt reiten unsere Krieger voran, ohne Scouts.
Als wir im Park ankommen, schmücken wir unsere Pferde, bemalen sie und befächeln sie mit Rauch. Ein Gebet wird gesprochen von Chief Mel Lone Hill. Er gibt auch die Anweisungen für den kommenden Ritt. Ein Fotograph ist dabei, er wird Flugaufnahmen anfertigen, wenn wir den Hügel stürmen, auf dem ich stehen werde. Delores sorgt sich wie üblich um die Reiter auf den kleinen Shetlandponys, sie hofft, dass sie von den Reitern auf den großen Pferden nicht übersehen werden.


Wir erreichen das Little Bighorn Battlefield, die Reiter der Oglala und Cheyenne steigen auf ihre Pferde, die Trommel beginnt das Lied der Lakota zum Kampf am Little Bighorn zu singen. Das ist das Signal, nun kann ich die erste Gruppe von Reitern sehen, die heranstürmen. Ich halte die Kriegerausrüstung, die von jedem der Reiter berührt wird. Dies zählt als coup, als Sieg auf dem Schlachtfeld.

Einige der jungen Reiter berühren auch mich mit ihrem coup stick , ich rufe “hey”, aber ich weiß, dass dies aus Spaß geschieht, die Reiter lächeln, als sie ihre Pferde zurück in den Kreis führen.

Nachdem der Sturm beendet ist, reiten alle Oglala und Cheyenne in einer Linie zur Trommel und zu unserem weisen Wakan Wicasa, unserem Medizinmann Wilmer Mesteth, der zum ersten Mal mit den Reitern die Canupa, die Heilige Pfeife rauchen wird. Ich habe diese Heilige Pfeife vorbereitet, die alle Reiter der Lakota im Geiste vereinen soll. Dann wird das Lied zu Ehren der Canupa gesungen, sie wird mit Tabak gestopft und es werden Gebete gesprochen. Nach dem Gebet wird die Canupa geraucht und es beginnt der Siegestanz für die Reiter der Oglala und Cheyenne.

Unsere Verpflichtung für dieses Jahr 2014 ist erfüllt, wir alle sind bereit für 2015 UND 2016 - das wird der 140. Jahrestag der Schlacht am Little Bighorn sein.

Hoka!
Wir alle geben einander die Hand, es tut gut, Oglala und Cheyenne zu sein.


26.06.2014
Tag der Heimreise
Es ist an der Zeit, das Land der Cheyenne zu verlassen. Dies ist der traurigste Moment für uns. Wir sind zusammen gereist, und wir mussten viele Probleme überwinden, uns an die Gegebenheiten der Reise anpassen, es galt, technische Probleme zu lösen auf unserem Weg von Pine Ridge zum Little Bighorn Battle Field. Wir kümmerten uns um alle, die unterwegs vom Pferd fielen oder Verletzungen erlitten.
Wir als Teilnehmer des Little Bighorn Gedenkrittes haben wahrhaftig und spirituell unsere Verbundenheit als Oglala und Cheyenne erlebt, auf unsere gemeinsamen Reise, wir haben aufeinander achtgegeben und teilten Essen und Trinken.

Hoka, wir begannen unsere Reise und folgten einander durch South Dakota und die Pine Ridge Reservation. Wir alle trugen in uns dieses Gefühl einer gemeinsamen Reise, das Denken aneinander und die Aufregung und Spannung, was wohl vor uns liegen mag.

Ein erster Halt zum Tanken erfolgt in Ashland Montana und weiter geht es Richtung Rapid City, South Dakota. Wir kaufen einige Müsliriegel an der Tankstelle. Nach und nach tauchen alle auf und füllen ihre Tanks, wer fertig ist, wartet auf die anderen. Wir fahren gemeinsam, denn es ist ein heißer Tag. Sicher werden wir wieder Probleme mit den Reifen bekommen, und so können wir einander beim Reifenwechsel helfen und gemeinsam weiterfahren.
Jetzt sind wir schon nahe der Pine Ridge Reservation.

Hoka Hey rufen die Krieger!

Wir haben es geschafft, eine kleine Geldreserve anzusparen, so können wir im Fast Food Restaurant Hardees noch gemeinsam essen. Den jungen Reitern schmeckt es, und wir Alten sind froh, wenn es den Jungen gut geht. Dann geht es auch uns gut.

Hoka!

Wir waren eine Gruppe Oglala, die von der Prärie hereingeweht kamen wie der Wind.

Hoka!

Wir verlassen dieses Fast Food Restaurant namens Hardees, dies war unser letzter
Halt, wir werden uns jetzt trennen und jeder seines eigenen Weges gehen. Die meisten von uns wohnen im westlichen Teil der Reservation. Wir fahren auf den Interstate Highway, dies ist ein Test für die Little Bighorn Reiter – wir verlieren einander aus den Augen, aber wir werden in Hermosa, South Dakota, am Eingang zur Pine Ridge Reservation wieder vereint sein.
Wir treffen uns wieder, und wir trennen uns erneut, jetzt geht es endgültig nach Hause, jetzt ist er wirklich vorbei für unsere Familie, die Yellow Bull Ti’wahe, der Little Big Horn Gedenkritt.

Ich denke:
Wir sind dem Little Big Horn verpflichtet und auch der nächsten Generation, die ohne finanzielle Mittel dasteht. Wir als ältere Reiter werden uns auf das nächste Jahr vorbereiten. Für mich heißt das, über das Design des neuen T-Shirts für das Jahr 2015 nachzudenken, und auch bereits über das Design für das übernächste Jahr 2016, das den 140. Jahrestag des Kampfes am Little Bighorn markiert.

Ich bete:
Oh! Tunkasila Wopila – danke – für die gute Reise. Ich bitte um Segen und um gute Gesundheit für uns und unsere Pferde. Ich bitte um Deinen Segen für diejenigen, die nicht bei uns sein konnten in dieser unserer Zeit, für diejenigen, die überlebt haben und die gezwungen wurden, sich zu unterwerfen, und um Segen für all die Frauen und Kinder, die in Wounded Knee getötet wurden, für alle unsere traditionellen Führer, die von den Amerikanern gequält und in ihre Gefängnisse verschleppt wurden. Wir beten und bitten um Segen auch für diese Amerikaner, denn wir sind ein Volk des Mitgefühls. Oh!
Mi”tukuya’oysni


Wir, die Reiter vom Little Bighorn verpflichten uns, unser Werk fortzusetzen und, was noch wichtiger ist, das Gedenken an jene zu bewahren, die kämpften und überlebten und an jene, die kämpften und starben, bis auch wir unsere spirituelle Reise beginnen.

Hoka Hey! rufen wir Krieger.
Le’ mi’yelo Maza Su.


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